Teilstrecke 3 und 4

Von Andorra zum Mittelmeer

 

Wegen der Lawinengefahr am Aufstieg zu den Anayet Seen am Ende des Canal Roya Tales hatte ich mich entschlossen, meine Wanderung erst einmal in Andorra fortzusetzen.
Die Alternative durch das d´Izas Tal kam für mich nicht in Frage, weil ich unbedingt den Pic du Midi d´Ossau von der Hochebene der Seen aus fotografieren wollte. Außerdem war auch der Weg über den Coll d´Izas nicht zu empfehlen, weil dort zuviel Schnee lag.

Gedacht, getan fuhr ich gleich morgens von Canfranc Pueblo aus mit dem Bus nach Jaca, jeweils mit Umsteigen von dort nach Huesca, von Huesca nach Lleida und von Lleida
direkt nach Andorra la Vella. Dort musste ich nochmals umsteigen um nach Encamp zu kommen. Das Wetter war hier gut. Gegen 7 Uhr abends baute ich mein Zelt auf dem
Camping International auf, gegen 21 Uhr erkundete ich den Einstieg in den GR 11, denn ich wollte morgen früh gleich weiter.

 

 

Bei schönstem Wetter stieg ich gleich am nächsten Tag von Encamp aus auf die Höhe des
Stausees Engolasters, wo ich auch dieses Foto von Andorra schießen konnte, dass deutlich zeigt,
wie diese quirrlige Stadt eingezwängt im Tal liegt. Als mich drei rüstige Wanderer überholten
und ich mich der Bequemlichkeit wegen an ihre Fersen heftete, fragte mich nach einer Stunde
der Jüngste von ihnen, ob ich auch nach Malniu wollte. Nach Malniu? Das waren doch knapp
32 km über einen 2550 m hohen Pass. Nein, das habe ich nicht vor. Ich wolle diesen schönen
1350 m hohen Aufstieg am Riu Madriu entlang genießen und so viel wie möglich fotografieren.
Selbst zur Cabana dels Esparvers seien es 20 km und ich sei froh, wenn ich diese heute noch
erreichen könne. Ich ließ die drei ziehen und erfreute mich an den vielen Wassercascaden
und der herrlich nach Tannen duftenden Luft.

Der Riu Madriu stürzt in vielen Cascaden nach Andorra hinunter. Hier eine sanfte Stelle
durch einen parkähnlichen Wald.

 

 

Ich übernachtete in der Cabana und stieg am nächsten Tag zur Portella de Calm Colomer auf. Wie man sieht,
lagen auch hier noch gewaltige Schneewächten. Diese hier musste ich an der südlichen Seite umgehen und
dann durch Felskletterei im 1. bis 2. Grad neben dem Firnhang absteigen.

Der steile Firnhang konnte schnell zur gefährlichen Prüfung werden. Pickel und Steigeisen waren
hier sehr hilfreich.

Im Refugio Malniu wurde mir eine tolle Platte "Jamon serrano" serviert. Das hob die Moral ganz gewaltig.

Hinter der Malniu Hütte führte ein Wegweiser zu einem kleinen See. Neugierig wollte ich mir den
kleinen Ausflug nicht entgehen lassen, war dann aber über den kleinen Weiher etwas enttäuscht.

Bedrohlich aufziehende Wolken über dem Cerdanya Massif. Meine Angst vor Gewittern saß tief.

Puigcerda zum Greifen nah und doch habe ich mich noch verlaufen und erreichte den
Campingplatz Pireneus erst kurz vor der Dunkelheit.

 

Auf den Höhen des Cerdanya Massives. In dem leicht geschwungenen Bergland lief ich wie im Traum.
Zum ersten Mal versuchte ich Kilometer zu machen. Neugierig war ich einzig und allein auf Dorria.

Der Gr 11 windet sich lange an der Grenze zu Frankreich hin. Aber dann steigt er ab und
umläuft das kleine Pyrenäendorf Dorria, mit der sehenswerten romanischen Kirche im Dorfkern.
Da es erst 18 Uhr war, beschloss ich nach Planoles weiter zu laufen

In Queralbs traf ich zwei lustige Leipziger, die die Pyrenäen von Frankreich aus
nach Spanien überquert hatten. Herrlich diese spontanen Treffen, bei denen jeder
seine Meinung sagt und das ganze Herz ausgeschüttet wird

Ich bestellte einen "ensalada mixta" und bekam den schönsten Salatteller auf meiner
ganzen Wanderung durch die Pyrenäen

Ursprünglich lag im Talkessel nur das Sanktuarium Nuria. Die wenig anziehende Hotelanlage von Nuria,
in der es teuer und vornehm zu ging, ist hinzugekommen. Gut eine Viertelstunde musste ich noch
einen Berg ansteigen, ehe ich in meine Herberge kam. Dann lagen für mich heute 1600 m Aufstieg hinter mir.

Den nächsten Tag hieß es, den höchsten Berg der ganzen Tour zu erklimmen. Also nahm ich mir vor,
so viel und gehaltvoll wie möglich zu essen. Doch dann gab es ein paar Salatblätter als Entree und
eine kleine Hühnerkeule mit Kartoffelchips aus der Tüte. Das Dessert war ein winziger Becher Joghurt.
Na Gott sei Dank wurde wenigstens kühles Wasser getafelt. Dem Wirt gegenüber war es Usus,
sich hoch zufrieden zu zeigen. Doch nachts knurrte mir der Magen.

Kleine Rast mit großem Hunger am Coll du Noufonts 2645 m. Heute führt mich der GR 11 auf die
höchste Erhebung der ganzen Tour, auf den Coll d´Tirapits mit 2800 m Höhe.

Auf dem Weg zum Refugium d´Ulldeter fing es an zu regnen.

Das Refugium d´Ulldeter war meine letzte Hoffnung, etwas zu essen zu bekommen.
Aber der Wirt bedauerte, mir etwas geben zu können. Nun konnte ich einen Blick
in die Küche erhaschen und sah ein Backofenblech mit herrlichen Mettwürsten darauf und
stellte ihn zur Rede, warum er mir nicht davon gäbe. Das sei für Wanderer,
die auch auf der Hütte übernachten würden, beschied er mich und
ich verließ hungrig das Refugium.

Irgendwie war ich genervt und ging an Setcases achtlos vorbei. Ich spürte auch keinen Hunger mehr.
Da fing es leicht an zu regnen. In der Hoffnung einen Unterstand zu finden, drang ich
immer tiefer und höher in den Wald ein. Es regnete aber immer stärker und die Wolken
hingen immer tiefer. Einen Unterstand gab es nicht, nur mein Regenschirm gab mir einen
winzigen Schutz. Ich hatte fast den Pass Liens erreicht, als mich auf einer Weide
dichte Wolken umhüllten. Ich sah nichts mehr. Die Orientierung war verloren. Ich überlegte
gerade was ich machen sollte, da erhellte ein Blitz irgendwo über mir die Nebelwand und
schlagartig folgte ein ohrenbetäubender Donner.

Ich warf meinen Rucksack ab und baute mit zitternden Händen im strömenden Regen mein Zelt auf.
Dann setzte ich mich unter die höchste Erhebung des winzigen Zeltes, rollte die Matte auf,
zog den Schlafsack aus dem Rucksack und das Sttudentenfutter und verkroch mich bei
prasselndem Regen mit meinen feuchten Sachen in den Schlafsack. Es war eine schlimme Nacht.

Aber als der Morgen graute, blinkte die Landschaft im schönsten Morgenrot als wäre nichts geschehen.

Kurz vor Mollo breitete ich Zelt, Schlafsack und alles was nass war zum Trocknen aus. Nun ging ich
endlich daran mir etwas vernünftiges selber zu kochen. Meine letzte Reserve,
Erbsensuppe in der Tüte, die ich mit einer halben "Chorizo" anreicherte, kochte ich auf.
Unglaublich wie gut so etwas schmecken kann.

Ich traf noch vor 12 Uhr in Mollo ein. Der kleine Lebensmittelladen des Dorfes hatte geöffnet und
so kaufte ich Brot Käse, Kirschen Milch und Bier ein. Hier am Dorfbrunnen machte ich eine
ausgiebige Pause, bevor ich nach Camprodon weiter wanderte.

Von Mollo wanderte ich nach Camprodon, einer kleinen, hübschen Stadt mit vielen
engen Gassen und einer sehenswürdigen Kirche.

Die europäische Gesamtwetterlage einschließlich der Pyrenäen sah für die nächsten
zwei Wochen sehr gut aus. Ich jubelte, freute mich über das Glück und war
fest entschlossen meine Tour auf dem GR 11 durch die Zentralpyrenäen fortzusetzen

Also fuhr ich den nächsten Tag mit Bus und Eisenbahn nach Canfranc, um so bald
wie möglich die nächste Etappe nach Sallent de Gallego zu starten

 

 

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Teilstrecke 4

von Mollo nach Llanca am Mittelmeer.

7 Tage , 148 km

 

Nun ging alles ganz schnell. Ich hatte schon früh am Morgen Arinsal in Andorra erreicht und
sofort beschlossen, mich nach Molllo durchzuschlagen. Die Verkehrsverbindungen waren vorzüglich,
auch wenn ich 4 mal umsteigen musste und von Camprodon nach Mollo trampte.
In Camprodon gibt es einen gut ausgestatteten Supermarkt, in dem ich erst einmal nach
Herzenslust einkaufen ging und Obst und Joghurt schier in mich hineinschlang.

Nach einer ruhigen Nacht in einer kleinen Herberge in Mollo, machte ich mich erst 9 Uhr
auf den Weg nach Beget. Seltsamerweise die Bus- und Bahnfahrerei gestern hat mich mehr
angestrengt, als wenn ich 25 km gelaufen wäre. Also nahm ich mir heute Zeit und
hatte vor, das kleine Dorf Beget in vielen Aspekten zu fotografieren.

Das wunderschöne Dorf Beget lebt vom Tourismus sehr gut

Immer wieder alte Brücken aus der Römerzeit, hier von Efeu überwachsen.

Am Coll de Bassegoda 1105 m kam es über mich, unbedingt noch auf den
Puig de Bassegoda 1374 m hinauf zu steigen. Ich hoffte auf eine Superfernsicht.
Aber noch während ich hinaufkraxelte zogen sich Wolken zusammen, nahmen die Sicht und
drohten, sich zum Gewitter zusammenzuballen. Ich war ohne Rucksack bereits ein
gutes Stück im Fels hochgeklettert, da gab ich das Unterfangen vorsichtshalber wieder auf

Hinter den Bäumen der Puig de Bassegoda.

Je mehr ich gen Osten voranschritt desto heißer, und trockener wurde es. Viele Quellen waren versiegt oder
tröpfelten nur noch. Ab jetzt hatte ich immer 2 l Trinkwasser bei mir.

Macanet de Cabrenys ist ist eins von den kleinen Städtchen, in denen man sich am besten den
ganzen Nachmittag in den Schatten setzt und Kaffee trinkt.

Mal wieder ziemlich ausgehungert ging ich in ein kleines Restaurant und bestellte einen
gemischten Salat. Darunter versteht man hier, einen katalanischen Salat, in den neben Salat und
Tomaten auch Käse und Wurst geschnitten wird. Eine leckere Mahlzeit in der großen Hitze

Der mediterane Charakter der Landschaft wurde immer deutlicher sichtbar je weiter ich nach Osten kam.
Nun zirpten die Grillen und die Luft flimmerte.

Kurz vor dem Coll l´Auleda die Reste des verbrannten Waldes. Oben auf dem Pass hoffte ich,
das Meer schimmern zu sehen, doch der Dunst verschluckte alles.

Blick von Requesens auf das Castel. Schilder verkündeten, dass es in Requesens eine geöffnete Bar gibt.
Ich freute mich auf einen Kaffee, vielleicht konnte ich noch etwas essen. Aber es war keine Menschenseele
zu sehen und so musste ich mal wieder unverrichteter Dinge weiter ziehen

Viel zu sehen gab es in dieser Landschaft erst einmal nicht. Ich träumte von dem Augenblick,
in dem ich zum ersten Mal das blaue Meer sehen würde und marschierte in
brütender Hitze wie in Trance weiter. Ab und zu ein Schluck halbwarmesWasser und weiter gings.

Seit Basssegoda hatte ich nur noch auf der Matte unter freiem Himmel geschlafen.
Erstaunlicherweise hatte ich keine Probleme mit Mosquitos. Vor dem Schlafen rieb ich mich
mit einem bekannten Schutzmittel ein und meistens reichte das für die ganze Nacht.
Was mich aber nervte, war der ständige Wassermangel. Auch wenn ich für genug Trinken sorgte,
für die Hygiene hätte ich gern mehr gehabt

Das Tal in dem das ehemalige Kloster St. Quirze de Colera liegt.

Das Kloster, eine sehr wehrhafte Basilika aus romanischen Zeiten. Trutzig und düster
beherscht es den Eingang des Tales. Ich saß auf der Terasse des Restaurantes unter einem
schattenspenden Schirm und versuchte mir vorzustellen, wie ein Leben in dieser Einöde unter
einer unbarmherzigen Sonne, ständig betend und arbeitend ausgesehen haben könnte.

Blühender Oleander in Vilamascle. Bevor ich in das schöne Städtchen gelangte, musste ich
lange auf schattenlosen Pisten und Straßenasphalt laufen

Ab jetzt begleiteten mich Algarven und Kakteen, die Boten des mediteranen Klimas.
Allein schon ihr Anblick machte durstig

Die Wüste lebt! Wenn ich nur noch verdorrtes Gras sah, dann waren Kakteen eine Augenweide.

Das Meer! Endlich war der Augenblick gekommen, der Blick auf das so lang ersehnte Mittelmeer.
Erst war ich tief gerührt, dann jubelte ich laut aber nach ein paar Schritten kehrte wieder
die Sachlichkeit des Wanderns ein, Wegmarkierungen beachten, Fels und Stein umgehen und
sich nicht verstolpern, überlegen was als nächstes zu tun ist. Die Stadt, auf die ich blicke, ist Llanca.

Hier stehe ich in der Bucht von Llanca und fühle eine große Freude in mir.
Was ich nicht für möglich gehalten hatte, ist nun wahr geworden.
Ich bin auf dem GR 11 vom Atlantik durch die Pyrenäen zum Mittelmeer gelaufen.
Es war eine wunderschöne, aber auch abenteuerliche und sportlich herausfordende Tour,
die eine gute Kondition und nie nachlassende Aufmerksamkeit für die Tücken des Weges
gefordert hat. Diese Trekkingtour gehört mit zu meinen schönsten Erlebnissen und
wird mir in lebendiger Erinnerung bleiben.

Vor ca. 7 Wochen habe ich mit kleinem Rucksack Tagestouren von Llanca nach Port Selva und
zum Kap Creus unternommen. Hier der südliche Stadtteil von Llanca.

Der Leuchtturm von Kap Creus vom Meer aus gesehen.

Die vorgelagerte Insel vom Kap Creus. Deutlich zu sehen, die weiß-rote Wegmarkierung des GR 11,
die mich unentwegt seit dem Atlantik begleitet hatte.

Kap Creus am Mittelmeer.

Dank den vielen Menschen in Spanien,, die den Fernwanderweg GR 11und seine Markierungen
in Stand halten, ob sie nun im Katalonien, Aragon, Navarra oder im Baskenland leben.
Es ist eine gigantische Arbeit, die koordiniert werden muss und an der viele Organisationen beteiligt sind.
Muchas gracias!

 

 

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